Vorsicht vor boxenden Hasenfrauen.
Das Lohweibchen war (oder ist?) eine geheimnisvolle und wunderschöne Jungfrau, mit langem, fließendem Haar und mystischen, tief-dunklen Augen. Schönheit, die im Auge des Betrachters liegt, denn ihre untere Körperhälfte ist die eines Hasen.
Der Sage nach steigt sie abends aus den Trümmern der Steinebacher Ritterburg empor, um sich mit ihrem dreirädrigen Kutschwagen mit unsichtbarem Gespann auf den Weg zur Isenburg zu machen.
Ihr Weg führt sie aber keineswegs über Wege und Straßen, viel mehr befährt sie ihren eigenen „Kutschengraben“, den wir als Bachgraben in Wälder sehen können .
Vorsicht ist aber geboten, denn wer ihr nachts begegnet, der läuft Gefahr, von ihr angegriffen oder sogar verschleppt zu werden. Einige Geschichten erzählen, sie springt den Menschen auf den Rücken, andere wieder berichten, dass ihre Opfer in die Isenburg entführt werden. Manche trifft es besser: Sie werden vom Lohweibchen lediglich verprügelt.
Das Lohweibchen und der Weißbinder
Auf dem Weg des Lohweibchens, genauer gesagt in Herschbach, hat ein Maler („Weißbinder“) genau das erlebt. Der arme Mann verspätete sich an einem nebligem Herbstabend auf dem Heimweg und geriet an das Lohweibchen. Sein Weg führte über den Kutschengraben und als er im Nebel über eben diesen sprang, landete er in weichen Polstern, nur um direkt vier harte Fausthiebe zu bekommen. Panisch versuchte der Mann, der sich in der Kutsche des gefürchteten Lohweibchens wähnte, sich zu befreien, was ihm auch gelang. Er erreichte die rettende andere Seite des Grabens, wo er nach Hilfe rufend zusammenbrach.
Die Hilfe kam – und fand den erstarrten Mann am Graben. Im Graben hingegen lag ein altes Pferd auf dem Rücken, wild strampelnd, um wieder auf die Beine zu kommen.
So viel dann zum Lohweibchen.
Was ist eigentlich die Loh/Lohe?
Die Worte Loh bzw. Lohe stammen vom altdeutschen lô, das mehrere Bedeutungen hat. Die Bezeichnung lô oder lôch stehen für Wald, Gehölz oder auch Gebüsch. Das Wort lôch kann außerdem für eine Aue, eine feuchte Sumpfwiese oder ein Feuchtgebiet stehen. Beides passt gut für den Westerwald, die umgebenden Wiesen und Felder im Westerwald zwischen Steinebach und Isenburg.
Als Lohe wird außerdem ein Gerbstoff bezeichnet, der aus Baumrinde gewonnen wird und eben die „Lohfarbe“, die ein helles rotbraun ist und bis heute zum Beispiel als Bezeichnung für die Fellfarbe von Hunden und Pferden genutzt wird, hergestellt.
Vielleicht verrät das ja nicht nur, wo das Lohweibchen sein Unwesen treibt, sondern auch welche Farbe ihr langes, wehendes Haar hat.